European Games

Sportliche Bilanz und Fazit der Europaspiele in Minsk

Uschi Schmitz, Vizepräsidentin Leistungssport des DOSB und Chef de Mission in Minsk, zog von Seiten des European Games Team Deutschland ein sehr positives Fazit.

Autor: DOSB
5 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 30. Juni 2019

"Die 149 Athletinnen und Athleten sind hier sehr zusammengewachsen. Jeder hat sich hier wohlgefühlt. Es war ein guter Team-Spirit, was man nicht immer von vornherein erwarten kann", sagte sie. "Es war wirklich ein Team D, was sich hier präsentiert hat." 

Die Rahmenbedingungen der 2. European Games stimmten in jeder Hinsicht. "Es ist für die Athleten immer wichtig, dass der Transport klappt, dass sie nicht irgendwo warten müssen, dass die Unterkunft vernünftig ist und vor allen Dingen, dass die Wettkampfstätten und die Wettkampfbedingungen gut sind", sagte Uschi Schmitz. "Und das hat Minsk hervorragend erfüllt, mit dem Fokus auf dem Sport." 

Deshalb hätte, so die Chef de Mission, die Veranstaltung mehr Aufmerksamkeit verdient, sowohl in Minsk, wo vor allem Turnen, Leichtathletik und die Kampfsportarten gut besucht waren, als auch in Deutschland, "weil es perfekt organisiert war, sehr nahe an den Ansprüchen Olympischer Spiele". 

"Es waren sportlich unterschiedliche Leistungen. Die Verbände haben ja auch unterschiedliche Erwartungen gehabt", sagte Uschi Schmitz. "Für die einen war es wirklich eine Olympiaqualifikation und ein ganz, ganz wichtiger Wettkampf in diesem Jahr. Für andere war es eine Zwischenstation und Leistungsaufbau wie zum Beispiel für die Kanuten vor den wichtigen Weltmeisterschaften. Für wieder andere war es die Möglichkeit, Nachwuchsathleten ein erstes Olympia-Feeling zu geben."

Die rein sportliche Bilanz fällt differenziert aus. Zwar gab es keine Zielvorgabe für Medaillen, vielmehr stand im Mittelpunkt, möglichst viele Quotenplätze für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in Tokio zu erreichen. Aber, so Uschi Schmitz, die eine oder andere Medaille hätte es mehr sein können.

Erfolgreichste Sportart war Tischtennis; hier nutzte das Team sämtliche Chancen auf die Olympiaqualifikation und gewann viermal Gold und einmal Silber. 

Die Schützen waren mit sich selbst nicht völlig zufrieden; sie sammelten zwar zweimal Gold, und je einmal Silber und Bronze, doch dort, wo noch Quotenplätze zu vergeben waren, landeten sie auf hinteren Rängen. Auch die Kanuten erfüllten die eigenen Erwartungen nicht vollständig; einmal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze waren aber ein Signal, dass der Formaufbau für die wichtigen Weltmeisterschaften im August stimmt.

Bei den Boxern zeigte das junge Team der Männer gute Leistungen und gewann zwei Bronzemedaillen; die Frauen um Weltmeisterin Ornella Wahner blieben mit einer Medaille unter den eigenen Erwartungen. Auch die Karateka, als Letzte im Team im Einsatz hatten sich mehr erhofft als zwei Bronzemedaillen. Die Ringer dagegen zeigten bei Männern und Frauen eine sehr gute Leistungs- und Ergebnisbilanz. 

Das junge Team der Radfahrer fuhr engagiert in allen vier Rennen, bei den Frauen fuhr eine Athletin lange in einer kleinen Spitzengruppe mit. Die Badmintonspieler*innen litten unter Krankheit und Verletzungen, vor allem im Mixed und Herren-Doppel blieben sie aber auch hinter den Erwartungen zurück. Die jungen 3x3-Basketballspielerinnen bereicherten das Team D sehr und beeindruckten bei ihrem allerersten Turnier in dieser Besetzung; sie unterlagen nur knapp dem späteren Sieger Frankreich.

Die Bogenschützen verfehlten das Ziel, den möglichen Quotenplatz im Recurve-Mixed zu erreichen; allerdings litten die Schützen sehr darunter, erst spät im Wettkampf die eigenen Bogen, die erst spät in Minsk eintrafen, zur Verfügung zu haben. 

Am deutlichsten blieben auch in der eigenen Einschätzung die Judoka hinter den Erwartungen zurück; sie erkämpften nur eine Bronzemedaille.

Die Leichtathleten nutzten das neue Format DNA (Dynamic New Athletics), mit frisch entdecktem Teamgefühl die Bronzemedaille zu gewinnen. "Für die deutsche Leichtathletik-Mannschaft war das ein sehr emotionales Erlebnis", sagte Uschi Schmitz. "So einen Zusammenhalt erleben sie in ihrem Sport sonst nicht." 

Uschi Schmitz plädierte am Abschlusstag der Spiele dafür, dem Format European Games eine Chance zu geben. Die Entwicklung von der Premiere in Baku zu diesen zweiten Spielen in Minsk habe überrascht. "Vielleicht sehen wir bei den nächsten Spielen im sportbegeisterten Polen einen weiteren Schritt", sagte sie. Auch weil Polens gute Erfahrungen mit den World Games der nicholympischen Sportarten 2017 in Breslau gemacht habe. 

Den erfolgreichen vorletzten Wettkampftag insbesondere mit den Siegen der Tischtennisteams erlebte auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), in Minsk mit. Am Vormittag besuchte er auch das Athletendorf. Für das Sportministerium sei es wichtig, einen engen Kontakt zum DOSB zu halten, sagte er. Dazu habe er "ein sehr ausführliches, konstruktives und gutes Gespräch mit dem Vize-Sportminister von Weißrussland" geführt. Dabei habe er einerseits gedankt für die wirklich hervorragende Ausrichtung unter Bedingungen, die eines sportlichen Großereignisses würdig seien. 

"Sportliche Veranstaltungen wie die Europäischen Spiele sind auch ein wichtiges Mittel, um ein Land zu präsentieren in der europäischen Staatengemeinschaft, in der Weltgemeinschaft. Sportgroßereignisse dienen auch der Völkerverständigung", sagte er. Aber er habe "auch nicht verhehlt, dass es in Weißrussland immer noch Verbesserungsbedarf gibt, was die Themen der Rechtsstaatlichkeit anbelangt, der Gewährleistung von Menschenrechten, insbesondere auch der Minderheitenrechte, wie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit". Er habe erklärt, dass es wünschenswert wäre, wenn Weißrussland als letztes europäisches Land auch hoffentlich bald Mitglied des Europarates würde. "Dafür wäre es erforderlich, dass die Todesstrafe abgeschafft wird", sagte er. Weißrussland ist das einzige Land auf dem europäischen Kontinent, in dem es die Todesstrafe noch gibt und in dem sie auch noch exekutiert wird, wie zuletzt erst kurz vor den Europaspielen. "Ein sehr unglückliches Signal", sagte Mayer.

Auch Weißrussland befinde sich in einem Transformationsprozess. Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Politik verändere sich. "Nur Gespräche bringen Menschen und auch Regierungen zueinander. Nicht zu sprechen, ist die schlechteste Alternative", sagte der Staatssekretär. 

Mitglieder des European Games Team Deutschland hatten zu Beginn der Spiele die Gedenkstätte Chatyn bei Minsk besucht und einen Kranz niedergelegt. Chatyn ist Symbol für Hunderte zerstörter Dörfer und 2,3 Millionen Weißrussen, die als Opfer des Nazi-Terrors den Tod fanden. Darüber hinaus suchte der DOSB auch die Gelegenheit, am Rande der Spiele mit Nichtregierungsorganisationen ins Gespräch zu kommen. So dankte die Mannschaft Aleh Hulag vom Belarusian Helsinki Committee für eine hochinteressanten und authentischen Austausch über die Situation der Menschenrechte, die politische Entwicklung und die Lage der Zivilgesellschaft in Belarus. Zudem erklärte der DOSB volle Unterstützung für Dima Herylovich und die Aktivitäten des belarussischen Jugendrings RADA. "Jugend trifft sich und organisiert sich selbst! Danke für den Austausch und den Optimismus, dass Veränderung möglich", hieß es in einer kurzen DOSB-Erklärung.

Doch in Minsk stand der Spitzensport im Vordergrund. "Auch wenn ich nur ein paar Stunden hier bin, kann ich ein sehr positives Fazit ziehen", sagte Staatssekretär Mayer. "Für die positive Visitenkarte, die Team Deutschland hier abgibt, kann ich seitens der Bundesregierung nur ein herzliches Dankeschön sagen."