World Games

Deutsche Faustballteams feiern eine gemeinsame Medaillenparty

Die Männer jubeln trotz einer klaren Finalniederlage gegen Brasilien über Silber, die Frauen trösten sich nach der bitteren Halbfinalniederlage mit einem souveränen Turnierabschluss gegen Österreich und der Bronzemedaille.

4 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 13. August 2025

Kein Mittel gegen Brasiliens Angriffsmonster

Dass man auch als Finalverlierer ein sehr gefragtes Fotomotiv sein kann, das erfuhr Timon Lützow am Mittwochabend im Tianfu Park. Weil der Angreifer der deutschen Faustballer 1,95 Meter lang ist, musste er, die Silbermedaille um den Hals, für Selfies mit Dutzenden chinesischer Volunteers posieren. Der 29-Jährige vom Berliner TS tat das mit viel Geduld und einem Dauergrinsen im Gesicht. Denn auch wenn das 0:3 (9:11, 5:11, 5:11) nach 48 Spielminuten in einem einseitigen Endspiel gegen Brasilien schmerzhaft gewesen war, durfte sich der Titelverteidiger bei den World Games in Chengdu ebenfalls als Gewinner fühlen. „Vor dem Turnier war eine Medaille unser Ziel gewesen, was nach dem Umbruch des vergangenen Jahres schon eine ziemliche Aufgabe war. Jetzt Silber gewonnen zu haben, ist für uns ein sehr gutes Ergebnis“, sagte Timon Lützow, der in China seine Premiere bei den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten erlebte und von der Professionalität der Organisation restlos begeistert war.

Olaf Neuenfeld wollte der sportlichen Einschätzung seines Angreifers nicht widersprechen. „Wenn man uns vorher gesagt hätte, dass wir die Silbermedaille gewinnen würden, hätten wir das unterschrieben. So wie das Finale gelaufen ist, waren wir chancenlos, das muss man einfach anerkennen“, sagte der Bundestrainer. Tatsächlich hatte sein Team vor allem dem Angriffsdruck der Südamerikaner nicht viel entgegenzusetzen. Wer sah, was die Angriffsmonster Gabriel Petry Heck und Bruno Arnold dem deutschen Team an Schmetterbällen ins Feld schlugen, musste aufpassen, vom ungläubigen Kopfschütteln kein Schleudertrauma zu bekommen.

Deutsche Männer haben den ausgeglichensten Kader

„Die beiden sind seit Jahren zwei der besten Angreifer der Welt, haben mit ihren Vereinsteams alles abgeräumt. Dagegen ist nicht viel zu machen“, sagte auch Timon Lützow, der es als Positionskollege am besten wissen muss. Nur einen einzigen Satz gaben die Brasilianer im Turnierverlauf in fünf Matches ab – und das im ersten Gruppenspiel gegen Deutschland. „Sie sind momentan einfach klar das beste Team der Welt“, sagte Jörn Verleger, der deutsche Präsident des Faustball-Weltverbands, der die Siegerehrung übernahm, „die deutschen Teams können mit ihrem Abschneiden absolut zufrieden sein.“

Anerkennen, dass der Gegner besser war, zeichnet faire Sportsleute aus. Umso wichtiger war es, dass sie sich im deutschen Lager schnell auf das besannen, was sie zur Silbermedaille geführt hatte. „Man hat gesehen, dass wir den ausgeglichensten Kader im Feld hatten. Wir haben zehn gleichwertige Spieler, konnten deshalb viel durchwechseln. Das zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte der Bundestrainer. Im vergangenen Jahr hatte er einen Umbruch eingeleitet, der allerdings nicht in eine totale Verjüngung des Teams gemündet war. „Wir werden sicherlich für die kommende Saison ein paar jüngere Spieler einbauen, aber daran denken wir jetzt noch nicht. Jetzt wollen wir erst einmal den Moment genießen.“

Bei den deutschen Frauen lief alles zusammen

Da war es nur passend, dass am Mittwochmittag das Lachen auch ins Lager der deutschen Frauen zurückgekehrt war. Nach der bitteren 2:3-Niederlage im Halbfinale gegen die Schweiz am Dienstag sorgte der klare 3:0 (11:8, 11:5, 11:6)-Erfolg nach nur 44 Spielminuten über Österreich im Spiel um Bronze für Genugtuung. Nur zu Beginn des ersten Satzes gab es kleine Wackler im deutschen Spiel, danach zog die Auswahl von Bundestrainerin Eva Krämer ihren Matchplan souverän durch. „Diese Medaille ist ein schönes Trostpflaster. Natürlich schmerzt es noch, das Finale verpasst zu haben, denn wir sind mit der Erwartung hier angereist, unseren Titel erfolgreich zu verteidigen“, sagte Ann-Kathrin Motteler. Die 22 Jahre alte Zuspielerin vom TSV Dennach hatte zeitweilig die Kapitänsbinde von Angreiferin Svenja Schröder (25/TV Segnitz) übernommen, wenn diese nicht auf dem Feld stand, und zahlte dieses Vertrauen mit einer starken Vorstellung zurück.

Von Mottelers Zuspielen profitierte in erster Linie Angreiferin Henriette Schell. Die 26-Jährige vom TSV Calw, die neben Schröder, Ida Hollmann (24/TSV Calw) und Helle Großmann (23/TV Jahn Schneverdingen) schon beim Titelgewinn 2022 in Birmingham (USA) im Kader stand, stellte die österreichische Defensive mit ihren wuchtigen Angriffsschlägen mehrfach vor unlösbare Aufgaben und war nach der Partie mit der Bronzemedaille zufrieden. „Heute war die Leichtigkeit zurück. Wir hatten Spaß, es lief alles zusammen. Heute haben wir noch einmal gezeigt, was wir können“, sagte sie. Man müsse anerkennen, dass die Schweiz und Brasilien, die das Finale bestritten (Brasilien siegte nach 0:2-Satzrückstand und 90 Spielminuten noch 3:2), in diesen Tagen in Chengdu einfach stärker gewesen seien. „Aber wir haben eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft und werden aus diesem Turnier vieles lernen“, sagte sie.

2029, wenn Karlsruhe Gastgeber für die 13. Ausgabe der World Games ist, wollen die deutschen Faustball-Teams wieder das Ziel „Doppelgold“ ins Visier nehmen. „Es sind zwar noch vier Jahre“, sagte Ann-Kathrin Motteler, „aber die Heimspiele sind für uns alle schon im Hinterkopf.“ Timon Lützow wollte so weit zwar noch nicht denken, die Optionen im Kader ließen aber auch ihn sehr positiv in die Zukunft schauen. „Ich glaube, dass von diesem Team noch einiges kommen wird“, sagte er. Bleiben wird auch einiges, zumindest eine ganze Menge Selfies auf chinesischen Mobiltelefonen.

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