
Sportlich lief es für Jennifer Beckmann und Sebastian Lux suboptimal. Aber die besondere World-Games-Atmosphäre wollen die beiden Deutschen unbedingt noch einmal erleben – am liebsten in vier Jahren in Karlsruhe.
Nur drei Deutsche betreiben MotoSurf international
Fabian Kusche musste sich kurz sammeln. „Wie sage ich das vor der Presse möglichst nüchtern?“, sagte der Bundestrainer, der auf die Frage nach seiner Einschätzung der sportlichen Leistung seines kleinen MotoSurf-Teams dann aber doch eine diplomatische Antwort zu finden imstande war. „Wir haben hier alles gegeben, hatten in manchen Situationen auch etwas Pech, müssen aber letztlich anerkennen, dass die Konkurrenz ganz andere Möglichkeiten hat und einfach stärker ist als wir“, sagte der 49-Jährige, nachdem seine Schützlinge Jennifer Beckmann (36) und Sebastian Lux (43) am Sonntagmittag im Nations Cup, dem für die World-Games-Premiere der noch jungen Sportart eingeführten Teamwettkampf, den elften und damit letzten Platz belegt hatten.
Weil die anschließenden Einzelfinals in der Sencha Lake Ma’anshan Arena in Chengdu mit den besten zwölf der 24 gestarteten Athletinnen und Athleten ohne deutsche Beteiligung über die Bühne gingen – und wie der Nations Cup von Tschechien gewonnen wurden –, hätte man den Bundestrainer ketzerisch fragen können, warum er keine besseren Vertreter für den Saisonhöhepunkt nominiert hat. Die einleuchtende Antwort darauf: Weil es keine gibt. Beckmann, Lux und Kusche, der als Bundestrainer noch immer aktiv ist, sich aber nicht für die World Games qualifiziert hatte, sind in Deutschland die einzigen drei Aktiven, die in internationalen Wettbewerben starten. Schon deshalb gebührt ihnen großer Respekt dafür, das Team D in China vertreten zu haben.
Sebastian Lux erlitt im zweiten Wertungslauf einen technischen Defekt
Es liegt in der Natur des Leistungssports, dass das Duo mit seinem Abschneiden unzufrieden war. Sebastian Lux haderte mit einem technischen Defekt, der ihm am Samstag im zweiten von vier Wertungsrennen für die Finalqualifikation eine bessere Platzierung verhagelt hatte. „Mir ist der Auspuff durchgeräuchert, dadurch hatte das Board keine Leistung mehr und ich konnte nicht die nötigen Punkte sammeln. Dazu kam, dass ich mich beim Ausstieg am Schienbein verletzt habe. Das ärgert mich, weil ich sportlich die Top 12 draufgehabt hätte“, sagte der gebürtige Berliner, der mittlerweile in Bad Oeynhausen wohnt. Dort ist der MotoSurf Club Germany ansässig, der einzige Verein in Deutschland, in dem man MotoSurf, das unter der Sparte Powerboating erst seit 2020 dem Weltverband Union Internationale Motonautique (UIM) angehört, als Leistungssport betreiben kann.
Jennifer Beckmann dagegen, die im MotoSurf erst seit zwei Jahren Wettkämpfe bestreitet, musste viel Lehrgeld bezahlen. „Ich muss mich an das Niveau noch gewöhnen. Wenn man immer hinterherfährt, ist es körperlich sehr anstrengend, weil das Wasser unruhig ist und die tropische Hitze und Luftfeuchtigkeit hier dazu beitragen, dass der Körper Energie verliert. Mich hat es leider ab und an vom Board geschmissen, das kann man dann nicht mehr aufholen“, sagte die frühere Moderne Fünfkämpferin, die im südlichen Hamburger Umland lebt und auf der Elbe trainiert.
Am Sonntagabend war das kleine Team bei der Abschlussfeier
Abseits der sportlichen Erfahrungen fällt das World-Games-Fazit der deutschen MotoSurf-Delegation, die seit vergangenem Mittwoch in Chengdu ist, ebenfalls gemischt aus. „Unsere Wettkämpfe sind sehr zeitintensiv, wir sind von morgens um 8 Uhr bis abends um 19 Uhr auf der Anlage gewesen und hatten deshalb keine Zeit, etwas von der Stadt zu sehen, weil die Distanzen hier einfach riesengroß sind“, sagte Jennifer Beckmann. „Immerhin können wir bei der Schlussfeier noch etwas von der Atmosphäre aufsaugen.“ Sebastian Lux vermisste am Buffet der großen Mensa im Athletendorf, das von Tag eins an identisch war, Abwechslung und leistungssportgerechte Nahrung. Und dass man sich mit dem Heer der Volunteers nicht auf Englisch unterhalten konnte, bedauerten alle. „Sie haben es aber durch ihre zuvorkommende Höflichkeit und Hilfsbereitschaft wettgemacht“, sagte Sebastian Lux. Genießen konnten sie dagegen den Austausch mit Sportlerinnen und Sportlern aus anderen Disziplinen und Nationen. „Dafür ist das Tauschen von Pins eine sehr gute Möglichkeit, darüber kommt man schnell ins Gespräch“, sagte Jennifer Beckmann.
Sollte sich die International World Games Association (IWGA) dazu durchringen, dem Werben des Weltverbands stattzugeben und MotoSurf auch für 2029 ins Programm der Weltspiele der nicht-olympischen Sportarten aufzunehmen, dann wollen Beckmann und Lux gern die Teilnahme in Karlsruhe anpeilen. „Dafür allerdings braucht vor allem Jennifer mehr und intensiveres Training“, sagte Bundestrainer Kusche. Was nicht ganz einfach werden dürfte, weil sie als Rechtsanwältin in Vollzeit in Hamburg arbeitet und nicht regelmäßig zum Training mit Kusche nach Beckum fahren kann, wo auf dem Tuttenbrocksee dauerhaft ein Parcours zur Verfügung steht. Aktuell übt sie vorrangig am Wochenende auf der Elbe, wo der Aufbau einer angemessenen Trainingsstrecke nicht möglich ist. „Der Sport ist mein Hobby, so ehrlich muss ich sein“, sagte sie.
Wichtigste Aufgabe ist die Verbesserung der Nachwuchsarbeit
Sebastian Lux kann sich als selbstständiger Holzkünstler seine Trainingszeit zumindest flexibler einteilen und lebt zudem „nur“ 80 Kilometer vom Beckumer Parcours entfernt. „Trotzdem muss ich mir eingestehen, dass ich mit 43 Jahren schon ein alter Sack bin. Die Leute, die hier um die Medaillen mitgefahren sind, könnten alle meine Kinder sein“, sagte er mit Blick auf die Weltspitze, in der Teenager die Regel sind. Fabian Kusche macht sich deshalb viele Gedanken darüber, wie sich insbesondere die Nachwuchsarbeit verbessern ließe, um mittelfristig bei World Games nicht mehr hinterherzufahren. „Wir haben viel in Bewegung gesetzt, erweitern gerade die Trainerkompetenzen und wollen unseren Sport unbedingt bekannter machen“, sagte er, „dafür sind die World Games natürlich die wichtigste Bühne!“
Auch wenn es ihnen in Chengdu noch nicht gelungen ist, auf dieser Bühne sportlich zu glänzen: Das deutsche MotoSurf-Team hat Blut geleckt. „Die Lust, das noch einmal zu erleben, ist groß“, sagte Sebastian Lux. Und das ist genau die Einstellung, die es braucht, um nach vorne zu kommen.