WM

Auf Augenhöhe mit den Topteams der Welt

Vor dem Start der Eishockey-WM in Dänemark und Schweden erklärt Verteidiger Jonas Müller, warum das Niveau der deutschen Männer über die vergangenen Jahre kontinuierlich gestiegen ist und wieso dennoch niemand im Team abzuheben droht.

4 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 07. Mai 2025

Motivation für die WM? Immer da!

Mehr als das, was Jonas Müller an Einstellung zu seinem Beruf mitbringt, kann sich ein Trainer kaum wünschen. Auf die Frage, wie es nach der mit drei 7:0-Siegen in Folge so triumphal abgeschlossenen DEL-Finalserie gegen die Kölner Haie um seine Motivation für die am Freitag in Stockholm (Schweden) und Herning (Dänemark) beginnende WM stehe, wirkt der Abwehrspieler der Eisbären Berlin ein wenig so, als habe man ihn gerade persönlich beleidigt. „Gefeiert haben wir danach genug, das reicht erst einmal“, sagt er dann, „für mich ist das abgeschlossen. Es macht mir immer riesigen Spaß, zur WM zu fahren, die Motivation dafür ist immer da.“ Um eins klarzustellen: Niemand würde es wagen, die Arbeitsmoral des 29-Jährigen, der seit 2018 alle großen Turniere für Deutschlands Eishockey-Männer absolviert hat, infrage zu stellen. Aber nach einem solchen Rausch, wie ihn die Berliner in den vergangenen Wochen erlebten, den müden Körper noch einmal drei Wochen über die Belastungsgrenzen hinauszuschieben, dazu gehört ein hohes Maß an Professionalität.

Dass Jonas Müller diese mitbringt, unterstreicht nicht zuletzt der Fakt, dass Bundestrainer Harold Kreis ihn für die WM neben den Angreifern Marc Michaelis (Adler Mannheim) und Dominik Kahun (Lausanne HC) zum Assistenten von Kapitän Moritz Seider (Detroit Red Wings) ernannt hat. „Natürlich ehrt mich das. Ich bin sicherlich nicht der Lautsprecher, der in der Kabine große Reden schwingt. Ich versuche immer, meine Bestleistung abzurufen und damit voranzugehen, das hilft dem Team am meisten“, erläutert der in Berlin geborene und bei den Eisbären Juniors aufgewachsene Abwehrspieler seine persönliche Rolle im Nationalteam, das den Schub des so souveränen Titelspaziergangs des Hauptstadtclubs mitnehmen möchte.

Vom chronischen Abstiegs- zum Medaillenkandidaten

Neben Müller stehen aus Berlin auch die Verteidiger Korbinian Geibel und Eric Mik sowie die Angreifer Leo Pföderl, Marcel Noebels, Frederik Tiffels und Manuel Wiederer in Kreis‘ Aufgebot. „Besonders für Geibi und Mika freut es mich sehr, sie haben sich die Nominierung durch ihre starken Leistungen in der DEL total verdient“, sagt Jonas Müller, der verschärft darauf achtet, dass kein Eisbär zu ungebührenden Höhenflügen ansetzt. Mit Justin Schütz, dem einzigen Kölner im Kader, habe man „alles ganz entspannt besprochen, das ist innerhalb der Nationalmannschaft auch kein großes Thema“, sagt Jonas Müller, „wir alle freuen uns, dass wir nach der langen Saison nun noch ein paar Wochen mit den Jungs zusammenspielen können, die sonst Gegner sind.“

2018, als Jonas Müller - damals ebenfalls in Dänemark - sein WM-Debüt erlebte, war das letzte Jahr, in dem Deutschland nicht das Viertelfinale erreichte. Seitdem hat sich die DEB-Auswahl vom chronischen Abstiegskandidaten zu einem Team entwickelt, das im Optimalfall um die Medaillen mitspielen kann. „Insbesondere die WM 2023, als wir Silber gewinnen konnten, war herausragend. Mir hat aber auch die Corona-WM 2021 sehr gefallen, weil dort ein ganz besonderer Teamgeist entstanden ist“, sagt der 1,84 Meter große Linksschütze. Als größten Entwicklungsschritt empfindet er die Tatsache, „dass wir uns gegen die Topteams nicht mehr verstecken, sondern auf Augenhöhe mithalten können. Das Niveau ist über die vergangenen Jahre kontinuierlich höher geworden, was vor allem daran liegt, dass viel mehr Konkurrenzkampf herrscht. Nicht nur, weil wir so viele gute Spieler haben, sondern weil auch alle Lust darauf haben, nach der Ligasaison auch noch die WM zu spielen. 

"Wir sind Weltranglistenachter, also stehen da noch sieben Nationen vor uns, die alle richtig gut Eishockey spielen. Das erste Ziel ist das Viertelfinale, danach schauen wir weiter."

Jonas Müller
Eishockey-Nationalspieler

Das erste Ziel? Viertelfinale

Mit einer Einschätzung, was in diesem Jahr sportlich möglich ist, tut sich Jonas Müller schwer. „Wenn man sieht, wen die Kanadier noch aus der NHL dazubekommen, muss man sie sicherlich als Favorit nennen. Aber dahinter sind so viele gute Teams, dass ich mich nicht festlegen möchte, wo wir landen. Wir sind Weltranglistenachter, also stehen da noch sieben Nationen vor uns, die alle richtig gut Eishockey spielen. Das erste Ziel ist das Viertelfinale, danach schauen wir weiter“, sagt er. Die jeweils besten vier Teams der beiden Achter-Vorrundengruppen qualifizieren sich für die K.-o.-Runde, die jeweiligen Tabellenletzten steigen in die B-Division ab.

Während in nicht allzu fernen Zeiten eher darauf geschaut werden musste, wen Deutschland hinter sich lassen könnte, sind es nun die Partien gegen die Topteams aus der Schweiz (15. Mai, 16.20 Uhr) und Tschechien (19. Mai, 16.20 Uhr), die im vergangenen Jahr im WM-Finale standen, sowie gegen die USA (17. Mai, 12.20 Uhr), gegen die am vergangenen Sonntag in Düsseldorf die Generalprobe mit 2:5 verloren ging, auf denen besonderes Augenmerk liegt. Wobei niemand im deutschen Lager so überheblich wäre, die Duelle mit Aufsteiger Ungarn zum Auftakt am Samstag (16.20 Uhr), Kasachstan (11. Mai, 16.20 Uhr), Norwegen (13. Mai, 16.20 Uhr) und Gastgeber Dänemark zum Vorrundenabschluss am 20. Mai (20.20 Uhr) - alle Partien finden in der Jyske Bank Boxen in Herning statt und werden bei ProSieben, Joyn und ran.de kostenlos sowie bei Magenta TV live übertragen - auf die leichte Schulter zu nehmen. „Gerade die Kasachen darf man nie unterschätzen, und gegen Dänemark sind die Spiele auch immer eng, wenn es da noch ums Viertelfinale geht, wird das ein harter Ritt“, sagt Jonas Müller.

Nachdem bei der WM im vergangenen Jahr in Tschechien zunächst die Spiele gegen die drei stärksten Gruppenrivalen anstanden, muss das DEB-Team, das für die auf Magenta Sport abrufbare Content-Serie #EishockeyDeutschland in Herning umfangreich hinter den Kulissen begleitet wird, nun zunächst drei „Pflichtsiege“ einfahren, um sich eine gute Ausgangsposition für das Viertelfinale zu erspielen. „Das ist eine Herausforderung, gleich von Beginn an voll da sein zu müssen. Aber darauf bereiten wir uns ja vor und werden in der Lage sein, von Anfang an Gas zu geben“, sagt Jonas Müller. Kraftreserven seien ausreichend vorhanden („Körperlich bin ich in den vergangenen Jahren immer gut durchgekommen“), über den nach der WM anstehenden Urlaub habe er sich noch keine Gedanken gemacht. Das gilt im Übrigen auch für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Mailand, für die die deutschen Männer qualifiziert sind. „Da denke ich jetzt noch nicht dran. Jetzt zählt erst einmal nur die WM“, sagt Jonas Müller. Sein Trainer wird das gern hören.