Peking 2022

Warten auf "Zauberer Karl": Geiger schwächelt vor dem Gold-Angriff

Karl Geiger ist als einer der großen Favoriten zu den olympischen Skisprung-Wettbewerben gereist - doch mit der Schanze von Peking steht er vor der Entscheidung am Sonntag auf Kriegsfuß.

Autor: DOSB
2 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 04. Februar 2022

Karl Geiger schüttelte den vom nigelnagelneuen Goldhelm bedeckten Kopf, seine Miene war so frostig wie der schneidende Winterwind an den futuristischen Zhangjiakou-Schanzen: Bei der großen deutschen Skisprung-Hoffnung wollte auch am letzten Probetag vor dem Angriff auf den Olympiasieg kaum etwas funktionieren. "Das von sechs Sprüngen überhaupt keiner gelingt, obwohl ich eigentlich gut in Form war, fuchst mich unglaublich", schimpfte der Oberstdorfer. An seinen großen Zielen für die Normalschanzen-Entscheidung am Sonntag hält Geiger aber fest: "Das wird jetzt eben eine Herausforderung."

Der 28 Jahre alte Springer-Feingeist, der sich normalerweise blitzschnell auf jede Schanze der Welt einstellen kann, hadert ausgerechnet mit der wichtigste Anlage der Saison. Im abschließenden Freitagstraining kam Geiger auf die Plätze 28, 42 sowie 12 - im letzten Durchgang verzichteten allerdings 21 von 65 gemeldeten Springern auf einen Versuch. Mut macht das nicht für die Qualifikation am Samstag (7.20 Uhr MEZ/ARD und Eurosport) und den Showdown am Folgetag (12.00 MEZ/ZDF und Eurosport).

"Ich habe den Zugang zu der Schanze noch nicht gefunden", sagte Geiger, den der 100-Millionen-Dollar-Prachtkomplex - "Wahnsinn, was die hier gebaut haben!" - eigentlich in die Nachfolge des fehlenden Pyeongchang-Olympiasiegers Andreas Wellinger katapultieren sollte. "Vergangenes Jahr war ich in Oberstdorf in einer ähnlichen Situation", macht sich Geiger Mut: Vizeweltmeister wurde er damals.

Auch Markus Eisenbichler hat den Kumpel nicht abgeschrieben, der sechsmalige Weltmeister versucht sich im Nebenjob als Teampsychologe: "Du versuchst, ihn aufzubauen, nette Worte zu finden, wie die Mama das macht, wenn du traurig bist. Aber man wenn sich ein bisschen verbohrt hat, ist das schwierig", sagte er. Dennoch: "Karl ist ein Zauberer, der schafft das schon."

Eisenbichler quälte sich ebenfalls am Freitag, erst im letzten Trainings-Durchgang platzte der Knoten - Platz vier. "Ich muss mich gedulden", sagte er: "Ich bin extrem entspannt, muss mich hier nicht komplett hektisieren, sondern einfach das machen wie sonst auch."

Geiger und Eisenbichler: Gemeinsam haben sie schon viele Schlachten geschlagen, wurden 2019 und 2021 jeweils Team- und Mixed-Weltmeister. Und gemeinsam wollen sie auch ihre Olympia-Bilanz aufpolieren. Geiger hat immerhin Mannschafts-Silber in Pyeongchang auf der Habenseite, Eisenbichler war damals aus dem DSV-Quartett gerutscht - ihm fehlt noch olympisches Edelmetall.

Gerade die Kleinschanze sollte eigentlich die ideale Bühne für einen erneuten gemeinsamen Coup sein. Seit 2020 standen im Weltcup nur fünf Wettkämpfe von einer "Neunziger" auf dem Programm, Geiger gewann davon drei, wurde einmal Zweiter, einmal Dritter. Auch Eisenbichler sagt: "Eigentlich bin ich ein Flieger, habe aber bewiesen, dass ich es auf kleinen Schanzen kann."

Sollte es am Sonntag nicht klappen, wartet am Montag im Mixed-Team-Event gleich die nächste dicke Goldchance - gemeinsam war das "Geigenbichler"-Duo schließlich stets am stärksten.

 

Quelle: DOSB, SID