
Die deutsche U21 unterliegt England nach großem Kampf. Trotz der bitteren Finalniederlage überwiegt der Stolz auf ein starkes Turnier.
"Es ist brutal bitter"
Der sichtlich geknickte Torjäger Nick Woltemade erfüllte noch ein paar Autogrammwünsche der wartenden Fans, der enttäuschte Trainer Antonio Di Salvo blickte beim Verlassen des Grand Hotel am Ufer der Donau zu Boden. Die schmerzhafte Finalniederlage steckte der deutschen U21-Auswahl nach einer kurzen Nacht bei der Abreise aus Bratislava noch in den Knochen. Dass der Mannschaftsbus durch eine herunterknallende Schranke leicht beschädigt war, passte ins Bild.
"Der Fußballgott", haderte Di Salvo nach dem unglücklichen 2:3 (2:2, 1:2) nach Verlängerung gegen England, "war nicht auf unserer Seite". Trotz des geplatzten Titeltraums war der Coach aber "mega stolz" auf seine Jungs. "Ich glaube, dass wir in Deutschland eine Euphorie entfachen und viele Fans für unseren Fußball gewinnen konnten."
Die Frustbewältigung folgte noch in der Nacht bei ein paar Kaltgetränken, zudem taten die warmen Worte der DFB-Verantwortlichen gut. Dem Trainer sei es gelungen, "eine Mannschaft zusammenzustellen, die nicht nur hochtalentiert ist, sondern auch mit viel Herz spielt", sagte Sportdirektor Rudi Völler und machte den niedergeschlagenen Final-Verlierern Mut für die Zukunft: "Ich bin mir sicher, dass wir einige auch in der A-Nationalmannschaft wiedersehen werden."
Neben Woltemade, der zuletzt bereits debütiert hatte, spielten sich gleich mehrere Spieler in den Fokus von Bundestrainer Julian Nagelsmann, der das Endspiel auf der Tribüne verfolgte. "Den Titel hätte diese begeisternde Mannschaft wirklich verdient gehabt", sagte Nagelsmann, "der mutige, offensive, leidenschaftliche Fußball hat mir sehr gut gefallen."
Joker Jonathan Rowe (92.) hatte in der slowakischen Hauptstadt für den K.o. der deutschen Mannschaft gesorgt, die zuvor alle fünf EM-Spiele gewonnen hatte und 20 Spiele in Serie ohne Niederlage (17 Siege, 3 Unentschieden) geblieben war. Die Mainzer Nelson Weiper (45.+1) und Paul Nebel (61.) hatten in der regulären Spielzeit den schnellen 0:2-Rückstand durch Harvey Elliott (5.) und Omari Hutchinson (25.) ausgeglichen.
"Es ist brutal bitter", sagte Nebel - vor allem mit Blick auf die beiden Lattenkracher von ihm (90.+2) und Teamkollege Merlin Röhl (120.): "Wir sind alle niedergeschlagen, werden vielleicht ein paar Tage traurig sein und dann aber auch schöne Erinnerungen haben an diese Mannschaft, an dieses Turnier."
Für die meisten Spieler, darunter auch der von Bayern München umworbene und diesmal glücklose Woltemade, war es der letzte Einsatz als Junioren-Nationalspieler. Der Stuttgarter nahm als Trostpreis den Goldenen Schuh für den besten Torjäger mit (6 Treffer), die Gerüchte so kurz vor dem Finale seien zwar "nicht optimal" gewesen, hätten aber "keinen Einfluss" auf die Mannschaft gehabt, betonte Di Salvo.
Er selber habe "unheimlich viel Spaß mit diesem Jahrgang" gehabt, sagte der 46-Jährige, dessen Vertrag der DFB vor Turnierstart bis 2027 verlängert hatte. Im September beginnt die EM-Quali für die Endrunde in zwei Jahren in Serbien und Albanien, dann mit einer fast komplett neuen Mannschaft. Di Salvo sprach deshalb von einem "traurigen Moment", sich am Sonntagnachmittag am Flughafen in Frankfurt/Main nach der Rückkehr in die Heimat endgültig von seinen Spielern verabschieden zu müssen.
"Wir haben extrem viele Nachrichten bekommen, viele Glückwünsche. Auch von der A-Mannschaft, auch von anderen großen Spielern. Das ist schon beeindruckend und freut uns extrem", sagte der Gladbacher Rocco Reitz, der den Schmerz mit der bestmöglichen Ablenkung verarbeiten kann, bei Sat. 1: "Meine Hochzeit wartet am Wochenende. Ich hoffe, das lenkt mich ein bisschen ab."