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Hockey-EM in Antwerpen: Die Danas holen Silber, Platz 4 für die Männer

Am Ende fehlte nicht viel zum dritten EM-Titel und dem Olympia-Ticket, doch nach dem 0:2 im Finale gegen den Favoriten Niederlande mussten sich die deutschen Hockey-Frauen mit der Silbermedaille begnügen. Das Männerteam von Bundestrainer Stefan Kermas schob hingegen Frust, erstmals blieb die Nationalmannschaft bei zwei aufeinanderfolgenden Europameisterschaften ohne Edelmetall.

Autor: DOSB
5 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 27. August 2019

Xavier Reckinger redete eindringlich auf seine Spielerinnen ein, der Bundestrainer tröstete, klopfte auf hängende Schultern. Doch die Enttäuschung über den verpassten Titel bei der EM in Belgien konnten die deutschen Hockey-Frauen nicht so leicht abschütteln. Für das Silberfoto rang sich die Mannschaft aber zumindest wieder ein gequältes Lächeln ab. "Obwohl ich wahnsinnig enttäuscht bin, bin ich auch unfassbar stolz. Wir kommen immer näher heran, das merke ich auch", sagte Reckinger und betonte: "Die Schritte, die wir jetzt gemacht haben, sind unglaublich wichtig - diese Erfahrung, auch mal ins Finale zu kommen."

Denkbar knapp war sein Team im Finale in Antwerpen mit 0:2 (0:1) gegen den Favoriten Niederlande am ganz großen Triumph vorbeigeschrammt und hatte damit auch die erste Chance zur Qualifikation für die Sommerspiele 2020 in Tokio verpasst. Obwohl sich Deutschland in Antwerpen teuer verkaufte, muss die Mannschaft weiter auf den dritten EM-Titel nach 2007 und 2013 warten. Die Olympia-Teilnahme kann sich das talentierte Team in zwei Qualifikationsspielen im November in Mönchengladbach sichern. Die Chancen stehen gut, denn die Formkurve zeigt deutlich nach oben, auch gegen die Niederlande fehlte nicht viel. 

Im insgesamt sechsten Finalduell der beiden Rivalen bei einer EM blieb das Team um Kapitänin Janne Müller-Wieland erstmals im Turnier ohne Treffer. Die Reckinger-Auswahl begann beherzt, wirkte sehr präsent und konnte in der Anfangsphase den Gegner unter Druck setzen. Doch gute Möglichkeiten blieben Mangelware. Nach zwei Strafecken für die Niederlande fiel allerdings das 0:1, Torhüterin Julia Sonntag war beim Stecher von Kelly Jonker (12.) chancenlos. Die beste Chance zum Ausgleich vor der Pause hatte Pia Märtens (27.). In der zweiten Hälfte scheiterte Amelie Wortmann (33.) knapp. 40 Sekunden vor Schluss fiel das 0:2 durch Lidewij Welten (60.). Pia Märtens wurde nach der Partie zur besten Nachwuchsspielerin der EM gekürt.

Am Ende fehlte nicht viel, um die Niederlande endlich wieder einmal zu bezwingen, der letzte Sieg gegen Oranje liegt bereits acht Jahre zurück. Dabei schien die Zeit reif für eine Überraschung, in den Gruppenspielen hatten die Niederlande noch geschwächelt und zwei Unentschieden hinnehmen müssen. Seine Dominanz zeigte das beste Frauenteam der Welt erst mit einem 8:0 gegen Olympiasieger England. Für den Deutschen Hockey-Bund (DHB) ist der zweite Platz dennoch ein Erfolg und das erste Edelmetall bei einem Großereignis seit den Bronzemedaillen bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016. 

Kapitänin Janne Müller-Wieland analysiert: „Es war grundsätzlich eine positive EM für uns. Wir haben uns da gut durchgekämpft. Auch heute haben wir Holland stark aus dem Kreis rausverteidigt. Ciupi hatte in der zweiten Hälfte kaum etwas zu tun. Das muss man erstmal schaffen gegen Holland – da habe ich ganz andere Spiele schon erlebt. Wir müssen aber noch mehr Chancen entwickeln und Kreisszenen, vielleicht auch mal den Videobeweis nehmen in Pias Kreisszene am Ende. Klar, hätten wir uns heute gern mit dem Titel belohnt und auch die direkte Olympiaqualifikation geholt, aber ich sehe es eher so: Gebt uns noch das nächste Jahr Zeit bis Tokio – dann ist noch mehr drin.“

Julia Sonntag: „Erst ist die Enttäuschung natürlich groß. Wir haben zwar ein richtig gutes Finale im Defensivbereich gemacht. Aber uns fehlte heute die Offensive. Du kannst gegen Holland nicht bis zum Ende nur verteidigen, sondern brauchst auch eigene Chancen. Das fehlte heute eben.“

Hanna Granitzki: „Wir haben phasenweise gut mitgespielt, aber hatten eben auch Phasen, in denen wir hinten reingedrückt wurden. Wir nehmen die gute Halbfinalleistung mit, auch aus dem Endspiel, weil wir Holland defensiv sehr gut bespielt haben, kaum etwas zugelassen haben. Insgesamt bin ich sehr stolz auf das Team und freue mich sehr auf die nächsten Jahre mit den DANAS!“

Heino Knuf (Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bundes): "Die Damen entwickeln sich seit einiger Zeit kontinuierlich und konstant, wie wir uns das vorstellen. Sie sind deutlich näher dran als in den vergangenen Jahren. Das ist eine Leistung, die wir auch mit Blick auf Tokio brauchen. Die Mannschaft ist auf dem richtigen Weg, die Weltspitze rückt immer näher."

 

Das Männerteam von Bundestrainer Stefan Kermas schob hingegen Frust, erstmals blieb die Nationalmannschaft bei zwei aufeinanderfolgenden Europameisterschaften ohne Edelmetall. Auch die WM 2018 mit Rang fünf war wenig zufriedenstellend verlaufen. Nun setzte es im Spiel um Platz drei eine 0:4-Pleite gegen die Niederlande. Dabei waren die HONAMAS nach dem 0:1 in allen Belangen überlegen, schafften es aber nicht, aus acht Ecken und 17 Torschüssen Kapital zu schlagen. Die Niederländer waren hingegen viel effektiver, wobei die letzten beiden Tore erst in den letzten 100 Sekunden fielen. Die Ergebniskrise hält an, gegen die Topnationen kann das DHB-Team bei großen Turnieren weiter nicht gewinnen. Bis zur Olympia-Qualifikation muss die Mannschaft "knallharte Fehleranalyse betreiben, aber da sind die Jungs gut drin. Und dann müssen wir die Aufgabe, von der wir wohl erst Ende September wissen, wie sie heißt, mit einer Mischung aus Willen und maximaler Ruhe angehen", sagte Kermas. Auf dem Weg nach Tokio 2020 bleibt viel Arbeit.

Bundestrainer Stefan Kermas: „Fakt ist, dass wir – wie im Gruppenspiel – in allen Statistiken überlegen waren, aber mit 0:4 verlieren! Ein 0:4 hat sich selten so anders angefühlt. Viel mehr kannst du gegen Holland nicht an Chancen herausspielen, aber in der Kreiseffizienz sind wir halt klar unterlegen. Das gehört jetzt zu unseren Hausaufgaben. Es war auch hier wieder krass merkbar, wie jeder einzelne Zweikampf im Kreis ein Spiel entscheiden kann. Es geht da nur um drei, vier ‚cruxial points‘ im Match, aber die werden uns zurzeit zum Verhängnis. Emotional, mental musst du zu 100 Prozent da sein auf dem Platz, sonst wirst du bestraft. Wer genauer hingeschaut hat bei diesem Turnier, hat auch gesehen, dass wir mit den Top-Teams der Welt gut mitgespielt haben, aber im Resultat macht sich das leider nicht bemerkbar. Bis zum Olympia-Qualifier Anfang November müssen wir knallharte Fehleranalyse betreiben, aber da sind die Jungs gut drin. Und dann müssen wir die Aufgabe, von der wir wohl erst Ende September wissen, wie sie heißt, mit einer Mischung aus Willen und maximaler Ruhe angehen.“
Kapitän Mats Grambusch: „Am Ende steht es nach so einem Spiel 0:4 und wir stehen zum zweiten Mal in Folge bei einer EM mit leeren Händen da. Das fühlt sich ganz bitter an. Was soll man da noch über dieses Spiel sagen.“

Heino Knuf (Sportdirektor): "Die olympischen Medaillen bleiben unser absolutes Ziel, die sind unser Anspruch, und das ist voll realistisch. Wir sehen da keine Veranlassung, das Ziel zu korrigieren."

 

Autor: DOSB/SID/DHB