In unserer Geschichtsstunde blicken wir wöchentlich auf einen historischen Moment der deutschen Olympia-Geschichte. Heute: Der Gold-Erfolg von Boris Becker und Michael Stich im Herrendoppel bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona.
Am 03. Juli beginnen in London die 131. Wimbledon Championships, das dritte von vier Grand-Slam-Turnieren in der Tennis-Saison. Für uns Grund genug, um uns an einen herausragenden olympischen Tennis-Moment zu erinnern: den Erfolg im Herrendoppel von Boris Becker und Michael Stich.
Auch heute können wir sicher noch von der goldenen Generation im deutschen Tennis sprechen. Es waren die Topspieler in den 80er und 90er Jahren – und verbitterte Rivalen. Boris Becker gewann mit 17 Jahren 1985 als jüngster Spieler überhaupt Wimbledon. 1991, ein Jahr vor den Spielen in Barcelona, unterlag Becker nach drei Turnier-Siegen im Finale von Wimbledon, im eigenen Wohnzimmer sozusagen, Michael Stich – ausgerechnet. Bis dahin war Stich nicht ganz so bekannt wie Boris Becker, auch nicht ganz so beliebt, hatte Becker das Tennis in Deutschland doch massentauglich gemacht.
Doch bei aller Rivalität – bei den Olympischen Spielen 1992 standen sich die beiden Profis nicht gegenüber und bildeten stattdessen als Herrendoppel nicht mehr als eine Zweckgemeinschaft. Für beide lief das Einzel nicht gut. Becker schaffte es nur bis ins Achtelfinale, unterlag dort dem Franzosen Fabrice Santoro mit 1:6, 6:3, 1:6 und 3:6. Michael Stich scheiterte hingegen bereits in der zweiten Runde an Carl-Uwe Steeb mit 4:6, 2:6, 6:4 und 3:6. Doch im Doppel sollte alles anders laufen. Dabei hatten Becker/Stich zuvor nur ein gemeinsames Doppel gespielt, drei Jahre zuvor, 1989 in Frankfurt – ohne Erfolg. Für beide Weltklasse-Spieler war dieses Doppel also die einzige Chance, bei den Spielen 1992 doch noch eine Medaille zu gewinnen.
Der Weg ins Viertelfinale stellte für das Duo keine allzu große Herausforderung dar. In der ersten Runde gaben die Gegner Alami/El Aynaoui (Marokko) auf, im Achtelfinale schickte man die Griechen Bavelas/Efraimoglou mit 6:1, 6:3 und 6:4 überlegen nach Hause. Doch dann musste sich das ungleiche deutsche Duo gegen die ganz dicken Brocken behaupten.
Zunächst warteten im Viertelfinale die Spanier und Grand-Slam-Sieger Sergio Casal und Emilio Sánchez Vicario, die bislang in jedem Match über die volle Distanz von fünf Sätzen gehen mussten. So auch im Spiel um den Einzug ins Halbfinale. Am Ende gewannen Becker/Stich den Krimi mit 6:3, 4:6, 7:6, 5:7 und 6:3.
Ähnlich schwer machte es der deutschen Zweckgemeinschaft das Duo aus Argentinien im Halbfinale. Javier Frana und Christian Miniussi ließen sich ebenfalls nicht im Vorbeigehen aus dem olympischen Turnier werfen. Nach fünf Sätzen und 7:6, 6:2, 6:7, 2:6 und 6:4 stand fest, dass Becker/Stich Silber sicher hatten.
Im Finale am 05. August warteten dann die Südafrikaner Wayne Ferreira und Piet Norval, die zuvor die Rumänen und die Kroaten bezwangen. Etwas glücklich gewann man den ersten Satz im Tiebreak, nachdem man zuvor einen Satzball abgewehrt hatte. Mit einem 6:4 im zweiten Satz glichen die Südafrikaner aus, bevor die Deutschen im dritten Satz nach zahlreichen vergebenen Breakchancen auf 2:1 Sätze erhöhten. Nach dem 7:6 folgte im vierten Satz ein 6:3 für Becker/Stich. Die Goldmedaille wurde Realität. Noch bei der Siegerehrung musterten die beiden Einzel-Rivalen ungläubig ihre Medaille. Man hatte Sportgeschichte geschrieben.
Gemeinsam gefeiert haben die beiden Tennisgrößen ihren Erfolg damals aber nicht. Boris Becker wohnte nicht im Olympischen Dorf und Michael Stich flog noch am gleichen Tag nach Deutschland zurück. „Ein großer Fehler“, wie er vor wenigen Jahren sagte. Das war die Rückkehr zum Status Quo, denn außer der Goldmedaille war es nur die verbitterte Rivalität, die blieb.
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In einem Interview 2015 kündigte Michael Stich an, sich mich Boris Becker zum 25-jährigen Gold-Jubiläum verabreden zu wollen. Das wäre in 37 Tagen, am 05. August 2017 ...