Das vierte Rennen, die vierte Medaille - die noch 2016 erfolglosen Slalom-Kanuten präsentieren sich in Tokio wie verwandelt.
Auch das vierte Rennen bringt eine Heldengeschichte: Hannes Aigner hat die märchenhaften Tage der deutschen Slalom-Kanuten in Tokio mit einem weiteren Höhepunkt abgeschlossen. Der Olympiadritte von London drehte nach schwachem Start im unteren Streckenabschnitt noch auf, holte Bronze im Kajak - und wird wie Ricarda Funk, Sideris Tasiadis und Andrea Herzog mit einer Medaille nach Hause fliegen.
Nur Weltmeister Jiri Prskavec aus Tschechien und der Slowake Jakub Grigar waren im Kasai Canoe Slalom Centre schneller als der Sportsoldat aus Augsburg, der seinen Triumph im Zielraum nahezu regungslos zur Kenntnis nahm.
"Ich bin froh, dass es geklappt hat, der Lauf war nicht so gut", sagte Aigner: "Es war sehr aufregend für mich, vor dem Finale hatte ich Muskelkrämpfe. Ich habe gedacht, hoffentlich schaffe ich es bis zur Ziellinie."
Statt bloßer Rehabilitierung für die Nullnummer in Rio gelang dem Deutschen Kanu-Verband (DKV) in Japan nun eine historische Erfolgsgeschichte. Erstmals seit der olympischen Premiere im Kanuslalom 1972 in München gewannen die deutschen Athleten in jedem Wettkampf eine Medaille. Funk (Bad Kreuznach) krönte sich zur Olympiasiegerin im Kajak-Einer, Tasiadis (Augsburg) und Herzog (Meißen) holten jeweils Bronze im Canadier.
Aigner hatte vor seinen dritten Olympischen Spielen keinen Hehl aus seinen Ambitionen gemacht. "Vierter (in Rio 2016, d. Red) war ich schon einmal, das war nicht so schön", sagte der Weltmeister von 2018. In den Vorläufen untermauerte er mit der schnellsten Zeit eindrucksvoll seinen Status als Mitfavorit, ehe das Halbfinale mit Rang sieben zur kleinen Zitterpartie wurde.
Dort trat mal wieder sein altbekanntes Problem zu Tage, Aigner geht oft zu wenig Risiko. Eher untypisch für die eigentlich wilden Slalomkanuten beschreibt sich der 32-Jährige als vorsichtigen Menschen.
Doch der Pragmatiker hat sich über die Jahre entwickelt, verfällt nur noch ganz selten zurück in diese alten Muster - in Tokio ging er im Finale ins Risiko. Es könnte sein letzter großer Coup gewesen sein, ein Karriereende schloss er bislang nicht aus. Die Familie ruft, 2019 wurde Aigner Vater eines Sohnes. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre hat er längst mit dem Master abgeschlossen, der Weg für die Zukunft scheint geebnet.
Das gilt auch für den DKV, die Aussichten der deutschen Slalomkanuten Richtung Paris 2024 sind glänzend - ob mit oder ohne Aigner.
Quelle: DOSB/SID