WM

Mit "Spiderman" Seider zur WM

Das deutsche Team verliert die WM-Generalprobe gegen die USA und setzt auf Hoffnungsträger Moritz Seider, der kurzfristig aus der NHL zum TeamD stößt.

Autor: DOSB
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 11. Mai 2023

Nach der kuriosen Dreifachpleite bei der WM-Generalprobe suchten die deutschen Eishockey-Nationalspieler vor dem Abflug nach Finnland nach einem Mutmacher - und fanden ihn in der eigenen Kabine. "Das war eigentlich die News für uns überhaupt, als Mo kam", berichtete Kapitän Moritz Müller nach dem ernüchternden 3:6 im letzten Test gegen die USA und verwies auf NHL-Jungstar Moritz Seider, der kurzfristig doch noch seine WM-Teilnahme zugesagt hatte: "Das ist wirklich eine starke Leistung von ihm."

Die außergewöhnlichen Qualitäten des 22-Jährigen von den Detroit Red Wings kann die Mannschaft des neuen Bundestrainers Harold Kreis in Tampere in der Tat gut gebrauchen. Das zeigte sich in München noch einmal ganz deutlich: Eine schwache Chancenverwertung und viele leichte Scheibenverluste in der Vorwärtsbewegung führten zu einer klaren Niederlage, der nach der Schlusssirene zwei weitere folgten.

Die Amerikaner hatten um eine Verlängerung und ein Penaltyschießen gebeten - als Vorbereitung auf derartige mögliche Zugaben bei der WM. Seider verfolgte noch tatenlos als einer von 5028 Zuschauern im Olympia-Eisstadion, wie seine Teamkollegen auch in diesen Zusatzdisziplinen den Kürzeren zogen. "Es fühlt sich auf jeden Fall nicht so an, als wenn wir dreimal verloren hätten", meinte Müller.

Einen Knacks für das Selbstbewusstsein kurz vor dem WM-Start am Freitag (19.20 Uhr MESZ/Sport1 und Magenta Sport) gegen Schweden fürchtete der Routinier nicht: "Wenn wir keine Chance gehabt hätten, dann hätte es vielleicht was gemacht. Aber so hatten wir in der Kabine alle das Gefühl: Wir sind nicht weit weg."

Torchancen kreierte die von vielen prominenten Absagen gebeutelte Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) zuhauf - mit Tempo und Spielfreude. Doch 50 Minuten lang traf sie das Tor nicht. "Es wollte einfach nichts reingehen", meinte NHL-Stürmer John-Jason Peterka, der bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte auch selbst beste Möglichkeiten ausließ. Erst in der Schlussphase brachten der Schweiz-Legionär Dominik Kahun (50., 55.) und der Düsseldorfer Daniel Fischbuch (57.) den Puck im Netz unter.

Auf der Gegenseite erlebte Münchens Meistertorwart Mathias Niederberger einen rabenschwarzen Abend. Nicht nur in der regulären Spielzeit kassierte die deutsche Nummer eins nach teils naiven Fehlern ihrer Vorderleute fünf Tore - das sechste fiel, als Niederberger seinen Kasten verlassen hatte. Auch in der Verlängerung landete die Scheibe im Netz, beim Penaltyschießen wehrte er nur einen von fünf Schüssen ab. "Wir waren etwas zu optimistisch in der Vorwärtsbewegung", kritisierte Kreis, "wir wollten Druck machen, manchmal zu viel."

Mit Seider, einem der besten Verteidiger der NHL und vor einem Jahr als erster Deutscher als bester "Rookie" ausgezeichnet, sollte die Fehlerquote sinken. Schon bei seinen ersten drei Weltmeisterschaften war der Ex-Mannheimer ein absoluter Leistungsträger. Dass er nach diversen Blessuren trotz der bevorstehenden Verhandlungen über seinen ersten hochdotierten Vertrag in Detroit Ja zur WM sagte, nötigte Müller großen Respekt ab. "Das wissen wir sehr zu schätzen", betonte der 36-Jährige: "Ich habe zu ihm gesagt: Es ist wie bei Spiderman - aus großer Kraft folgt große Verantwortung. Er ist dieser Verantwortung wirklich gerecht geworden."

Nicht nur Seider soll dem Team bei der WM Stabilität verleihen, auch die beiden AHL-Verteidiger Kai Wissmann und Leon Gawanke, die von ihren Klubs Boston Bruins und Winnipeg Jets nach dem Play-off-Aus die Freigabe erhielten, sollen helfen. Sie saßen am Mittwochmorgen aber nicht im Flieger nach Tampere, sie reisen direkt aus Nordamerika nach Finnland.