WM

Ruder-WM in Linz: Deutschland-Achter peilt den Gold-Hattrick an

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Tokio stehen bei der Ruder-WM im österreichischen Linz vor allem die olympischen Klassen im Fokus. Am Sonntag starten die ersten Vorläufe, am kommenden Wochenende geht es in den Finals um die Medaillen. Die WM spielt eine große Rolle im Hinblick auf das kommende Jahr. Durch bestimmte Platzierungen können die Athleten des Deutschen Ruderverbandes (DRV) das jeweilige Boot für Olympia qualifizieren. Der Achter benötigt beispielsweise mindestens Platz fünf, Oliver Zeidler im Einer reicht Rang neun zur Qualifikation.

Autor: DOSB
4 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 25. August 2019

Eine Sache ließ die Crew des Deutschland-Achters in den vergangenen Wochen einfach nicht los. Zwar lag der Fokus klar auf der anstehenden WM, doch die deutliche Niederlage beim Weltcup in Rotterdam gegen Großbritannien schwirrte noch in den Köpfen umher. "Das war kein Warnschuss. Das war ein echter Treffer, der auch gesessen hat", sagte Steuermann Martin Sauer. Bei den Weltmeisterschaften im österreichischen Linz soll nun die Antwort folgen.

Sauer ist lange dabei, er kennt solche Situationen. "Entscheidend ist, dass wir mit einer entsprechend guten Leistung reagieren", forderte er zuletzt im abschließenden Trainingslager des Deutschen Ruderverbands (DRV) in München. Eine gute Leistung, das wird es mindestens brauchen, um den Titel-Hattrick bei den Weltmeisterschaften perfekt zu machen. Richard Schmidt, der bereits mit Sauer 2012 Olympiasieger geworden war, formulierte deutlich das Ziel: "Als Welt- und Europameister will man den Titel verteidigen."

Trotz aller Schwierigkeiten beim zweiten Platz in Rotterdam reist der deutsche Achter unweigerlich als einer der großen Favoriten nach Linz. "Der Titel würde zeigen, welche Klasse die Mannschaft hat - bei all den Problemen, die wir hatten", sagte Sauer.

Und die Vergangenheit hat gezeigt: Wenn es zur Sache ging, war auf den Achter meist Verlass. Im vergangenen Jahr spurtete das deutsche Flaggschiff in Plowdiw zu einem überzeugenden Sieg, 2017 überzeugten Sauer und Co. bei der Hitzeschlacht in Sarasota. Dazu legte das von Bundestrainer Uwe Bender betreute Team einen beeindruckenden Triumphzug hin. Seit Rio 2016 hatte der Achter kein Finalrennen mehr verloren - bis zum Weltcup in Rotterdam.

Durch die verpatzte Generalprobe ist die Siegesserie allerdings Geschichte. Ein Problem? Offensichtlich nicht. "Diese Serien gehen mir und den anderen ziemlich am Arsch vorbei", sagte Sauer, "die sind ja immer konstruiert und völliger Schwachsinn." Dennoch gab sein Teamkollege Schmidt zu, dass "die krasse Niederlage" die Besatzung des deutschen Paradebootes "aufgerüttelt" habe.

Immerhin geht es bei der WM nicht nur um Gold, Silber und Bronze, die Olympischen Spiele in Tokio im kommenden Jahr werfen ihre Schatten voraus. "Das ist auf jeden Fall für alles der Antrieb", sagte Schmidt. Die Qualifikation - eine Platzierung unter den besten Fünf genügt - dürfte kein Problem werden, im vorolympischen Jahr geht es allerdings auch darum, im internationalen Vergleich ein Ausrufezeichen zu setzen - wie zuletzt die Briten.

Im Vorlauf am Dienstag bietet sich dem deutschen Achter dazu die erste Gelegenheit, das Finale steht am Sonntag darauf an. "Es bringt nichts, Appelle an jemanden zu richten", sagte Sauer. Der Steuermann will bei der WM wieder Taten sehen, damit die bittere Niederlage von Rotterdam endlich in Vergessenheit gerät.

Auch Einer-Hoffnung Oliver Zeidler rechnet sich nach seinem Gold-Coup bei der EM etwas aus. Zeidler ist der Senkrechtstarter im deutschen Rudern. In einer Sportart, in der meist der Achter die Schlagzeilen beherrscht, ruderte sich Zeidler im prestigeträchtigen Einer eindrucksvoll in den Vordergrund. "Zeidler stiehlt dem Deutschland-Achter die Show", titelte die FAZ nach seiner goldenen EM-Vorstellung auf dem "Göttersee" in Luzern. Der momentane Hype soll nur der Anfang sein, die Steigerung bei den am Sonntag beginnenden Weltmeisterschaften in Linz folgen.

Der WM-Titel wäre das nächste Kapitel einer "bilderbuchmäßigen Geschichte" (Zeidler). Erst vor drei Jahren entdeckte er das Rudern für sich. Als Jugendlicher hatte er sich erfolgreich im statt auf dem Wasser versucht, holte mehrere DM-Titel als Schwimmer, verlor aber die Motivation - schließlich landete er im Ruderboot. "Als ich gemerkt habe, dass ich Talent für diesen Sport habe, habe ich extrem viel Energie reingesteckt", sagte das Multi-Talent. Sollte sich Zeidlers Aufstieg derart fortsetzen, bekäme das deutsche Rudern unweigerlich ein weiteres Aushängeschild.

Wenn sein Vorlauf am Sonntag startet, werden Zeidler die Lobeshymnen kaum helfen - die Konkurrenz wird größer als bei der EM. Eine Sache aber, und darauf weist Zeidler deutlich hin, gibt ihm einen zusätzlichen Schub. In den vergangenen beiden Jahren wurde der jeweilige Einer-Europameister im Anschluss auch Weltmeister. "Ein ganz gutes Omen", sagte Zeidler, "die Eins vor meinem Namen wäre das höchste aller Gefühle."

Mit dem Titel käme er auch seinem großen Traum im kommenden Jahr ein großes Stück näher - den Olympischen Spielen in Tokio. Für Olympia setzte er sich ins Boot, für Olympia schuftete er unzählige Stunden. "Der Traum von einer olympischen Medaille fährt bei jedem Training mit", sagte er. Doch zunächst warten die WM und vielleicht schon die nächste Stufe seines rasanten Aufstiegs.

Die deutschen Ruderer gehen bei den am Sonntag beginnenden Weltmeisterschaften im österreichischen Linz in allen 14 olympischen Klassen an den Start. Das deutsche Aufgebot in den 14 olympischen Klassen:

Männer

Einer: Oliver Zeidler (Ingolstadt)

Zweier ohne Steuermann: Wolf-Niclas Schröder/Paul Gebauer (Berlin/Potsdam)

Doppelzweier: Tim Ole Naske/Stephan Krüger (Hamburg/Frankfurt)

Leichtgewichts-Doppelzweier: Jonathan Rommelmann/Jason Osborne (Krefeld/Mainz)

Vierer ohne Steuermann: Felix Brummel (Münster), Felix Wimberger (Passau), Maximilian Planer (Bernburg), Nico Merget (Frankfurt)

Doppelvierer: Karl Schulze (Berlin), Max Appel (Magdeburg), Timo Piontek (Koblenz), Hans Gruhne (Potsdam)

Achter: Johannes Weißenfeld (Herdecke), Laurits Follert (Krefeld), Christopher Reinhardt (Dorsten), Torben Johannesen (Hamburg), Jakob Schneider (Essen), Malte Jakschik (Rauxel), Richard Schmidt (Trier), Hannes Ocik (Schwerin), Martin Sauer (Berlin)

Frauen

Einer: Annekatrin Thiele (Leipzig)

Zweier ohne Steuerfrau: Anna Calina Schanze/Tabea Schendekehl (Ratzeburg/Dortmund)

Doppelzweier: Leonie Menzel/Pia Greiten (Düsseldorf/Osnabrück)

Leichtgewichts-Doppelzweier: Katrin Thoma/Sophia Krause (Frankfurt/Limburg)

Vierer ohne Steuerfrau: Isabelle Hübener (Potsdam), Juliane Faralisch (Frankfurt), Ida Kruse (Münster), Alexandra Höffgen (Neuss)

Doppelvierer: Daniela Schultze (Potsdam), Michaela Staelberg (Krefeld), Franziska Kampmann (Waltrop), Frieda Hämmerling (Kiel)

Achter: Alyssa Meyer (Berlin), Marie-Sophie Zeidler (Ingolstadt), Annabel Oertel (Potsdam), Christin Stöhner (Berlin), Melanie Göldner (Potsdam), Frauke Hundeling (Hannover), Anna Härtl (Potsdam), Charlotte Wesselmann (Flensburg), Larina Hillemann (Lübeck)

Autor: DOSB/SID