DOSB News

DIE WELT: Verschwindet Olympia in der Nische, Herr Vesper?

Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), spricht im Interview mit DIE WELT über die Übertragungsrechte der Olympischen Spiele.

Autor: DOSB
3 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 07. Dezember 2016

Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), spricht im Interview mit DIE WELT über die Übertragungsrechte der Olympischen Spiele.

Die Verhandlungen sind gescheitert. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF berichten von 2018 bis 2024 nicht mehr live von den olympischen Wettkämpfen. Stattdessen wird der Spartensender Eurosport in Deutschland die Spiele übertragen. Zuschauer und Sportler in Deutschland befürchten Nachteile. Michael Vesper sieht auch Chancen.

Herr Vesper, auf welchem Platz haben Sie Eurosport auf ihrem heimischen Fernseher programmiert?

MICHAEL VESPER: Ehrlich gesagt unter ferner liefen. Aber er wird dann sicher weiter nach vorn rücken.

Verschwindet Olympia ab 2018 in der Nische?

Nein, das sehe ich nicht. Eurosport hat uns versichert, ein Programm von ähnlicher Qualität und Quantität auf die Beine zu stellen, wie wir es von den öffentlich-rechtlichen Sendern in Bezug auf Professionalität, Reichweite und Sendezeit bislang gewohnt waren.

Gerade kleinere nationale Sportverbände fürchten durch den Ausstieg von ARD und ZDF aber den Verlust von medialer Wahrnehmung und damit von Förder- und Sponsorengeldern.

Natürlich hätten auch wir es begrüßt, wenn ARD und ZDF sich mit Discovery über die Sublizenzierung verständigt hätten. Das wäre eine Win-win-Situation für alle, für Sport, Zuschauer und Sender gewesen. Leider ist das am Preis gescheitert.

ZDF-Intendant Thomas Bellut sagte nach den gescheiterten Verhandlungen, man sei bis an die Schmerzgrenze gegangen. Glauben Sie ihm das?

Schmerzgrenzen sind ja immer subjektiv. Anscheinend sind beide Seiten in den Verhandlungen an ihre gestoßen, und die waren nicht deckungsgleich. Wir als DOSB können das nicht beeinflussen. In vielen Gesprächen haben wir unseren Wunsch bekräftigt, dass es zu einer Zusammenarbeit kommt. Das hat jetzt erst einmal nicht geklappt. Nun gehen wir einen neuen Weg gemeinsam mit Eurosport. In dem Neuanfang kann auch eine Chance liegen.

Glauben Sie, ARD und ZDF hätten sich genauso leicht geschlagen gegeben, wenn es um Fußball-Übertragungsrechte gegangen wäre?

Das kann ich nicht sagen. Ich kann aber sagen, dass uns beide Sender versprochen haben, ihre Berichterstattung über die Olympischen Sportarten in keiner Weise einzuschränken. Eine Trotzreaktion wird es nicht geben.

Hat das IOC bei der Erstvergabe der TV-Rechte nur im Sinne des Profits und nicht im Sinne einer möglichst großen Plattform für den Sport entschieden?

Das waren sehr komplizierte Verhandlungen. Das IOC hat ja keine nationalen, sondern europäische Rechte ausgeschrieben und deswegen zunächst mit der Europäischen Rundfunkunion EBU verhandelt. Die Entscheidung ist damals so gefallen. Seither bestand genügend Zeit, sich anzunähern. Wir hätten das sehr begrüßt.

Was bedeutet dieser Rückschlag für die olympische Bewegung in Deutschland?

Ich bin davon überzeugt, dass Eurosport seine Ankündigungen umsetzen und im Free-TV in einem ähnlichen Umfang berichten wird – im digitalen Bereich, der sehr schnell wächst, vermutlich sogar noch viel ausgedehnter als bisher. Bei den Winterspielen 2018 werden wir erstmals sehen, welche Auswirkungen diese Veränderung dann tatsächlich hat. Bis dahin wird sich auch die Medienlandschaft noch einmal weiterentwickeln.

(Quelle: Ronald Tenbusch, DIE WELT)

Die Olympischen Spiele werden von 2018 bis 2024 in Eurosport übertragen. Foto: picture-alliance