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Altmaiers nächster Coup: Liebeserklärung in vier Sätzen

Paukenschlag in Paris: Daniel Altmaier bezwingt in der ersten Runde den Weltranglistenvierten Taylor Fritz.

Autor: Team D // Konstantin Füller
5 Minuten Lesezeit veröffentlicht am 26. Mai 2025

L'amour toujours

Daniel Altmaier stand sanft lächelnd in der Mitte des "Gewächshauses" von Roland Garros und badete im Jubel der Fans. Gerade hatte der Kempener für die größte Sensation der bisherigen French Open gesorgt, da eroberte er kurzerhand auch noch die Herzen der Franzosen. "Ich liebe Paris, das ist auf ewig mein Lieblingsturnier", rief er nach seinem Erstrundencoup gegen den US-Star Taylor Fritz: "Und deshalb wollte ich heute für euch gewinnen." L'amour toujours - auf allerreinste Weise.

Zwei Jahre nach seinem epischen Fünfsatzsieg über Jannik Sinner hat Altmaier zum zweiten Mal für einen unerwarteten deutschen Paukenschlag beim Sandplatzklassiker gesorgt. Mit 7:5, 3:6, 6:3, 6:1 warf er Fritz, den Weltranglistenvierten und US-Open-Finalisten, in der ersten Runde aus dem Turnier. Und er war dabei 2:41 Stunden lang der bessere Spieler.

"Ich habe in den vergangenen Wochen sehr hart gearbeitet, um in Form für solche Spiele zu sein", sagte Altmaier nach seiner Gala auf dem glasummantelten Court Simonne Mathieu weit draußen im "botanischen" Teil der Anlange. "Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich bereit bin, gegen jeden zu spielen." Und überhaupt: "Grand-Slam-Turniere liegen mir, ich freue mich, wenn es in den langen Matches dann ums Mentale geht."

Der 26-Jährige ist der erste deutsche Mann in der zweiten Runde, erst am Dienstag bestreitet Mitfavorit Alexander Zverev gegen Fritz' Landsmann Learner Tien sein Auftaktmatch. Doch bis dahin hat die deutsche Nummer zwei die deutsche Nummer eins erstmal aus den Schlagzeilen verdrängt.

"Ich möchte jetzt so demütig wie möglich bleiben", sagte Altmaier, der 2020 bei seinem French-Open-Debüt das Achtelfinale erreicht hatte, danach aber nie mehr über Runde drei bei einem Major hinauskam. Auch vor zwei Jahren nach dem Wahnsinnsritt gegen Sinner kam ein Spiel später das Aus, gegen den Bulgaren Grigor Dimitrow. Nun wartet eine machbare Aufgabe auf den Weltranglisten-66., es geht gegen den Tschechen Vit Kopriva, Nummer 86 der Welt.

Bei aller Demut: "Ich habe eine langfristige Vision", sagte Altmaier: "Ich will etwas Großes in diesem Sport erreichen – und dazu muss ich Matches gewinnen." Der Sieg gegen Fritz war ein starker Anfang.

Fritz, alles andere als ein Sandplatzfreund, hat erst einmal die Runde der letzten 16 in Paris erreicht. Seine Stärken liegen auf Hartplätzen: Bei den US Open 2024 hatte er im Viertelfinale Alexander Zverev bezwungen und erst im Endspiel gegen Sinner verloren. Doch von dieser Verfassung war er am Montag weit entfernt.

Altmaier ließ sich die Außenseiterrolle nicht anmerken, spielte mutig und aggressiv, traf immer wieder die Linien. Fritz haderte, biss sich aber ins Spiel. Nach dem Satzausgleich schüttelte sich Altmaier kurz, fand schnell wieder zu seinem Spiel. Die Zuschauer spürten die nahende Überraschung und zeigten lautstark ihre Sympathien für den Deutschen.

Für drei andere Deutsche war Endstation: Jan-Lennard Struff verlor gegen den Österreicher Sebastian Ofner 6:7 (5:7), 3:6, 7:6 (7:5), 2:6. Tatjana Maria unterlag der tschechischen Wimbledonsiegerin Barbora Krejcikova 6:7 (4:7), 3:6, auch Tamara Korpatsch (6:2, 1:6, 4:6 gegen Julija Starodubzewa/Ukraine) ist raus.

Auch Zverev weiter

Alexander Zverev winkte lachend ins Publikum, scherzte über das Stadionmikro deftig mit seinem Bruder Mischa und war völlig im Reinen mit sich und der Welt: Mit einem sehr souveränen Auftaktsieg ist Zverev bei den French Open in Paris in die nunmehr 37. Jagd nach seinem ersten Grand-Slam-Titel gestartet. "Ich hoffe, das werden jetzt zwei richtig spaßige Wochen hier", sagte der Hamburger - mit dem Sorgenkind der vergangenen Sandplatzwochen hatte er wenig gemein.

Das  6:3, 6:3, 6:4 gegen US-Teenager Learner Tien in Runde eins von Roland Garros besitzt allerdings nur begrenzte Aussagekraft, Zverev musste 1:53 Stunden lang auf dem Court Suzanne Lenglen nicht an seine Grenzen gehen. Dennoch: "Es war ein guter Start ins Turnier, ich bin sehr glücklich mit meinem Spiel. Hoffentlich geht es so weiter", sagte Zverev.

Das Match zur Mittagsstunde am Dienstag war durchaus unterhaltsam, noch unterhaltsamer war dann Zverevs Vortrag nach dem Match. Er habe sich am Morgen nicht mit Mischa eingeschlagen, berichtete er. Warum? "Wir haben eine schreckliche Beziehung. Und was soll das mir bringen? Ich habe 500 Siege, er 50. Ich 24 Titel, er einen. Also bitte", dozierte Zverev schelmisch grinsend - die Zuschauer hatten großen Spaß, Mischa und Vater Zverev in der Box feixten mit.

Das Match selbst hatte Alexander Zverev, der in der nächsten Runde in Jesper De Jong (Niederlande) oder Francesco Passaro (Italien) eine ähnlich lösbare Aufgabe erwartet, freilich sehr ernst genommen. Vor dem 19 Jahre alten Tien war er gewarnt: "Er hat in Melbourne Medwedew geschlagen, in Acapulco mich. Er ist schon ein sehr guter Spieler", sagte der Weltranglistendritte über den jungen Tien, dem seine Eltern analog zum Beruf der Mutter benannt haben: Sie ist Teacher, er eben Learner.

Zverev selbst war mit durchwachsenen Ergebnissen in der bisherigen Sandplatzsaison nach Paris gereist, bei der Generalprobe in seiner Heimatstadt Hamburg hatte er auch krankheitsbedingt im Achtelfinale gegen den Franzosen Alexandre Müller verloren. Zum Start seiner zehnten French-Open-Teilnahme und seines 37. Major-Turniers zeigte sich Zverev dann aber voll auf der Höhe.

Tien, der im Januar als Achtelfinalist der Australian Open für Furore gesorgt hatte, begann forsch und mutig, hielt stark dagegen. Zverev blieb aber ruhig und fokussiert, nutzte gleich seine erste Breakchance zum 4:3, ließ sich kurz darauf nach einem traumhaften Rückhandschuss am Netzpfosten vorbei feiern und holte Satz eins nach 33 Minuten.

Im zweiten Durchgang wackelte Zverev kurz, musste vier Breakbälle abwehren, erledigte dies aber souverän. Auch in Satz drei klappte noch nicht alles wie erhofft, gegen einen limitierten Gegner reichte der grundsolide Vortrag aber allemal.

Damit hielt auch eine Serie: Seit 2021, als er nach 0:2-Satzrückstand noch gegen Oscar Otte gewann, hat Zverev bei einem Auftaktmatch in Paris keinen Satz mehr verloren. Auch 2024 gewann er das denkwürdige Erstrundenspiel gegen Rafael Nadal ohne Satzverlust.

Damals trug es ihn bis ins Finale, wo er Carlos Alcaraz in fünf Sätzen unterlag. Bis ins Endspiel soll es möglichst wieder gehen. "Es war ein guter Beginn", sagte Zverev. Und Boris Becker stimmte bei Eurosport zu: "Er hat seine Sache hervorragend gemacht."